Die Straßen in Istanbul sind so chaotisch wie in Kairo, die Cafés so mondän wie in Paris, die Märkte so bunt wie in Damaskus, die Partys so wild wie in London – und das Essen ist einfach das beste der Welt. In Beyoglu rund um den Boulevard Istiklal Caddesi bieten Straßenhändler an jeder Ecke Maiskolben, Maroni oder Sesamkringel an. Superlecker und schön scharf sind auch die frischen, mit Reis gefüllten Miesmuscheln.  Abends chillen meine Freunde und ich oft in der Cicek Pasaji, einer alten Blumenpassage im Jugendstil. Dort trinken wir Raki und essen dazu Meze, orientalische Tapas. Eine geniale Mischung aus Taboulé (Couscoussalat) und Huhn mit Walnussmus findet ihr auch im Imroz.   Immer noch hungrig? Dann macht es euch in einer der überdachten Sitzecken hinter dem Konak bequem. Wer dort den Yogurtlu Kebab probiert hat, weiß, warum das einer meiner Lieblingsplätze ist!  Danach geht’s auf ins Nachtleben, zum Beispiel in die Bar Cezayir. Am liebsten sitze ich dort im Innenhof, um Cocktails zwischen uralten Bäumen zu trinken. Fast noch legendärer sind die Cocktails im L eb-i derya. Die Bar befindet sich im siebten Stock und ist immer rappelvoll. Von hier habt ihr einen fantastischen Blick auf die asiatische Seite der Stadt.  Unbedingt probieren: Yasak Elma, ein Mix aus Wodka, Cointreau, Apfelsaft und Zitrone. Zu Reggaerhythmen könnt ihr im Nayah Music Club die Nacht durchtanzen. Oder ihr geht ins Babylon. Der Liveclub ist eine Institution in Europas Kulturhauptstadt 2010. Hip-Hop, türkischer Pop, Jazz – hier findet jeder was.   Zum Relaxen geht’s am nächsten Morgen ins Hamam Tarihi Galatasaray. Die Atmosphäre ist uriger und persönlicher als in den anderen Hamams der Stadt. Außerdem sind die kräftigen Massagen im heißen Dampf das beste Mittel gegen Kater.  Danach habe ich oft Lust auf was Süßes und gehe ins Haci Bekir, einen kleinen Laden in der Altstadt, wo man türkischen Honig und Lokum kaufen kann. Das sind herrliche Zuckerbomben mit Nüssen, Mandeln oder Pistazien. Immer wenn ich die Dame meines Herzens „Sekerim“, also „meine Süße“, nenne, muss ich an diesen Laden denken.   Danach könnt ihr Istanbuls Kunstszene abchecken. Im Dogancay Museum stellen Vater und Sohn gemeinsam aus. Die Skulpturen, Gemälde und Fotos erinnern an Grafitti – die Farben sind poppig und machen glücklich.  Wenn mir der ganze Trubel zu viel wird, nehme ich die Fähre ins Viertel Kadiköy auf der asiatischen Seite. Die zwanzigminütige Fahrt kostet nur 75 Cent. Ich liebe es, im Modapark am Wasser zu sitzen und den Schiffen zuzuschauen.   Absolut angesagt sind die Karga Bar und der Secondhandladen 34x46 direkt gegenüber. Bis spät in die Nacht kann man dort im Klamottenfundus stöbern. Ein Erlebnis ist auch der Besuch auf dem Sali Pazari, einem der größten Märkte der Stadt. Jeden Dienstag findet ihr dort ausgefallene, preiswerte Klamotten.   Wer Marken und Designerware sucht, nimmt am besten die Fähre zurück nach Europa. Im City’s, im Viertel Nisantasi, sind die türkischen Mavi-Jeans um ein Vielfaches billiger als bei uns.  Nach dem Shoppen relaxe ich im Teegarten Haco Pulo. Hier kann man wunderbar Wasserpfeife rauchen, Backgammon spielen und dabei die Zeit vergessen.   TIPPS   Hinkommen  Viele Billigflieger landen auf dem Flughafen Sabiha Gökçen. Ein Busticket ins Zentrum kostet ca. 7 Euro, Fahrtzeit eine Stunde. Näher an der Altstadt liegt der Atatürk-Flughafen, den die großen Fluglinien anfliegen, Fahrtzeit vierzig Minuten.  Unterkommen  Im bunten Hostel Sumo Cat in Galata (18, DZ 46 Euro, sumocathostel.com) sind das Sultanszimmer und das Himmelszimmer am gemütlichsten. Typisch türkisch eingerichtet ist das Hotel Peninsula in Sultanahmet (19, DZ ab 30 Euro, hotelpeninsula.com). Besonders toll: der Blick von der Dachterrasse auf die Blaue Moschee.  Rumkommen  Das perfekte Ziel für einen Tagestrip ist Büyükada, eine der Prinzeninseln im Marmarameer, zwanzig Kilometer südöstlich der Stadt. Die Fahrt vom Fähranleger Adalar Iskelesi in Kabatas kostet nur einen Euro. Am besten ein Rad mieten, zum höchsten Punkt der Insel radeln und den großartigen Sonnenuntergang genießen!  Mitbringen  Wer ein Souvenir sucht, der sollte in Eminönü auf dem Misir Carsisi (Gewürzbasar) statt auf dem Kapali Carsi (Großer Basar) shoppen gehen. Die Preise sind nur halb so hoch, die Qualität ist dieselbe. Gut zum Mitbringen: silberne Teetabletts oder kleine silberne Pfeffermühlen. Und nicht vergessen: feilschen, feilschen, feilschen.  Unbedingt  Richard Wentworths schwebende Bücher im Museum Istanbul Modern ansehen, am besten donnerstags,  denn dann ist der Eintritt frei.  Bloß nicht  Mit einem Stadtplan losgehen, um auf eigene Faust eine Adresse zu suchen. Gut sichtbare Straßenschilder sind Glückssache. Für Hausnummern gilt: Mal steht eine an der Tür, mal keine, mal zwei. Am schnellsten kommt man deshalb zum Ziel, wenn man die Anwohner nach dem Weg fragt.   NICOLE SEROCKA
KOPENHAGEN NEON 11/2010  Hamams, Nachtclubs, Teegärten und Huhn mit Walnussmus – Europas Kulturhauptstadt 2010 verführt dazu, schlaflos durch die Straßen zu laufen.